Geschickt wie eine Schlange wand sich Haile durch den engen Tunnel, den die Trümmer und der Schutt bildeten, der von der Decke gekommen war.
Sie wusste, der Rückweg würde schwer werden, doch vielleicht konnte sie hier bis zum Angriff auf den Dome ausharren oder sich wie selbstverständlich unter den Kultisten bewegen, wirkte sie doch wie eine, wenngleich ihr klar war, dass sie als möglicher Apostel des Messias, also Adams, hier sofort erkannt werden würde, sollte sie den falschen Personen unter die Augen treten.
Vorsichtig schlich sie den Gang entlang, der Staub und Schutt von Jahren verriet ihr, dass selbst die Untoten und Kultisten diesen Bereich hier mieden und nicht betraten.
Als sie dann schließlich einige Sekunden vorsichtig durch den fast dunklen Gang geschlichen war, sah sie links und rechts von sich einen Raum. Links von ihr, im Norden also, schien damals ein weiterer Zugang zum Dome gewesen zu sein, doch dieser war mit Schutt versperrt und ohne schweres Gerät nicht zu öffnen. Sie konnte es deutlich erkennen, da in besagtem Raum im Norden ein helles Oberlicht eingelassen war, durch das die Sonne des Tages hell strahlte. Wenn sie dieses Oberlicht nur erreichen könnte, wäre es auf jeden Fall ein Weg sowohl nach draußen als nach drinnen. Doch dazu hätte man irgendwie auf das Dach des Domes kommen müssen, was in den Gedanken der Kultistin erst einmal unmöglich war…
Linker Hand, im Süden fand sie ebenfalls einen Raum vor, dieser war schlecht beleuchtet, offenbarte jedoch eine für sie seltsame Maschine.
Da Haile als Kind der neuen Welt keinen Monster Truck kannte, sah sie nur eine besonders riesige, grobschlächtige und brutal wirkende Version ihres Floats von der Schlacht um Three Rivers – aber sie war erstaunt, als sie feststellte, dass die Schlüssel noch steckten und neben dem seltsamen Gefährt fest verschlossene Kanister mit Benzin waren.
Vielleicht ließe sich dieses Monstrum fahrtüchtig machen?
Der nächste, logische Schritt wäre dann, die schmale und unstabil wirkende Holztür im Süden zu durchbrechen, die verstaubt und von schwarzem Stoff verhangen in Richtung des Heiligtums des Tempels führte.
Ihre Neugier war übermächtig, sie musste einfach einen Blick riskieren und das Heiligtum einmal mit eigenen Augen sehen. Und sei es nur um zu wissen, mit was sie es zu tun haben würden.
Vorsichtig schlich sie näher und zwängte sich durch den Spalt, den die beiden hölzernen Türen bildeten, so dass sie im Grunde nun am Rande des Spielfeldes stand und dort jedoch noch immer von Stoff verdeckt wurde, also alles erkennen und sehen konnte, ohne selbst sofort entdeckt zu werden.
Das einstmals riesige Feld war auch hier mit schwarzem Stoff bedeckt, doch Dieser hier wirkte deutlich wertvoller, anstatt einfacher Bahnen von schwarzgefärbtem Stoff fanden sich hier Samt oder Seide, kunstvoll drapiert und wahrscheinlich in monatelanger Kleinstarbeit zusammengestohlen und dann vernäht. Auch hier waren die Lichtquellen Kerzen und Fackeln, die die gespenstische Szenerie in warmes, fast friedlich-heimelig flackerndes Licht tauchten, ein Ambiente, das in keinster Weise zu dem passen wollte, dessen sie hier ansichtig wurden.
Das Verstörendste und Irrsinnigste an diesem Tempel war, dass an den Wänden und der Decke zahlreiche Zombies befestigt waren, aufgespießt wie Schmetterlinge in einer Sammlung eines Forschers, nur dass diese Exemplare dadurch nicht zerstört worden waren und es somit an der Decke und den Wänden ein stetes Gewimmel an sich bewegenden Beinen und Armen gab, die müde und träge in die Luft griffen und alles in ein irres Geräusch aus leisem Geifern und klackernden Kiefern hüllten.
Das was einst das Spielfeld gewesen war, war übersät mit dort in sich zusammengesunkenen Kreaturen, Kultisten, die alle nach Richtung Westen blickten und beteten, als würden sie dort, auf der VIP-Lounge etwas anbeten, etwas oder Jemandem Ehre erweisen..
Und dann erkannte Haile auch, worum es sich dabei handelte:
Auf der VIP-Lounge, dort, wo einst die Sponsoren und Clubbesitzer die Spiele ihrer Mannschaften verfolgt hatten, war nun eine Art Thron zu sehen, auf dem Jemand saß.
Eine eindrucksvolle Gestalt, weniger wegen der Muskeln, sondern durch die Präsenz. Er wirkte altehrwürdig und seine weiße Robe war über und über geschmückt, mit goldenen Ringen und Ketten und Amuletten. Er schien an einer Art Atemgerät angeschlossen zu sein, obschon er gesund genug war, um mit weithin hörbarer Stimme eine Art monotonen Singsang anzustimmen.
Ab und an verstummte er und die Menge auf dem Spielfeld, insgesamt vielleicht einhundert Kultisten, „Ausgewachsene“ wie neu Transformierte, erwiderten den Sang mit tiefem Ton.
Es war offensichtlich, dass sie es hier mit dem Anführer dieses Tempels zu tun hatten, wahrscheinlich dem Großmeister.
Und dann blieb ihr abermals das Herz stehen. Es schien, als wäre das letzte Ereignis, das hier in diesem Stadion zelebriert worden war, eine Art Monstertruck-Ralley oder- Ausstellung gewesen, obschon sie natürlich solche monströsen Wägen niemals je im Einsatz gesehen hatten. Wahrscheinlich war das große Zehren als Katastrophe während der Umbauarbeiten zu diesem Ereignis geschehen, denn die meisten Trucks standen wild durcheinander und waren wahrscheinlich schon lange zerstört.
Doch um beim Umbau zu helfen war dort auch ein Kran zu sehen und am diesem baumelte Sheng!
Er war am Leben und in ein Korsett gezwängt worden, dass seinen Oberkörper umfasste und dafür sorgte, dass er problemlos lange Zeit dort hängen konnte, er wurde im Grunde vorgeführt wie Kriegsbeute oder sollte er gar ein Lockvogel für die Befreier aus Shengs Hope sein?
Direkt unter Sheng war eine Grube in das Feld gegraben worden, in welcher sich eine riesige Sammlung vollkommen nackter, halbverwester Untoter nach Sheng verzehrten, ihn aber bei Weitem nicht erreichen konnten, solange er nicht an seinem Seil nach unten gelassen wurde. Neben der Grube, angebunden an Pfähle, als sollten sie der Opferung von Sheng als lebendige Statuen beiwohnen, waren zwei weitere Personen angebunden. Es waren Raoul, der Dieb aus dem Schiff und Wingman, der sich als Einziger in diesem Raum permanent bewegte, weil er verzweifelt versuchte, sich gegen die Fesseln zu stemmen, während er trotz des geknebelten Mundes unablässig Schimpfwörter in Richtung der betenden Kultisten zu spien schien.
Haile erkannte diese Art von ritueller Hinrichtung genau. Genau wie die Gebete. Ihr war klar, dass dies vorbereitende Rituale waren, um Sheng den Weg in den Tod zu ebnen. Eine „Ehre“, die normalerweise nur Jenen zuteil wurde, die hoch in der Gunst der jeweiligen Templerfamilie standen. Sheng dort oben hängen zu sehen machte laut ihrem Wissen um die Religion, die die Kultisten verehrten, keinen Sinn, es sei denn, Sheng war das Werkzeug zu einer noch größeren Tat, einem noch größeren Ereignis und hatte sich so in den Augen des Großmeisters diese Ehre der Hinrichtung verdient.
Noch während sie diesen Anblick auf sich wirken ließen, wurde ihnen klar, dass es keine Chance geben würde, durch die Menge an Feinden zu sprinten, um an Sheng heran zu kommen.
Außer natürlich, kam ihr grimmig in den Sinn, sie würde vielleicht mit dem monströsen Truck einfach durch die Reihen der Feinde pflügen!
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